Die Frage, wo man hin geht, wo man überhaupt noch hingehen kann, hat heute, wo so viele Menschen auf der Flucht sein müssen, einen dramatischen Hintergrund
bekommen.
Die visuellen Motive zu Fruhaufs Projekt stehen in vielschichtig übertragbarem Sinn zur Frage: Where do we go?
"Gedreht" bzw. fotografiert wurde mit der LOMO SUPERSAMPLER aus dem Zug, bei der Durchfahrt durch Verschub-Bahnhöfe, beim Vorbeirasen der
Landschaft.
Die Kamera zerlegt die Einheit der vorbeiziehenden Umgebung. Die Bruchstücke werden zu einem verlorenen Ort und in der Postprodutkion wieder zu einer
neukonstruierten Landschaft umgebaut.
Untermalt werden die Bilder von den virtuosen Solo-Schlagzeugklängen Jörg Mikulas, dessen Musik immer wieder Einflüsse aus Pop und Jazz mit ethnischen Stilen verbindet. (Jennifer Posny - lomography.com)
Das dynamische Spiel des Schlagzeugers Jörg Mikula gibt Anstoß für die neue Arbeit von Siegfried A. Fruhauf, die auf irrwitzige Art das Wechselverhältnis der beiden
Zeitmedien Musik und Bewegtbild auslotet. WHERE DO WE GO offenbart sich als synästhetisches Experiment, das das Sehen rhythmisch und den Schnitt musikalisch werden lässt. Es sind
Bilderserien von Zügen, Schienen, Brücken und Natur – kurze Bewegungsphasen, aufgenommen mit dem Lomography Supersampler*, die der Filmemacher in akribischer Arbeit animiert und in einem
vielteiligen Splitscreen neu zueinanderfügt. Die einzelnen Fragmente werden von ihm zu einem kontinuierlichen Bilderstrom montiert, einem durchlöcherten Raum-Zeit-Kontinuum, in dem sich die
Bewegung von einem Bild zum nächsten fortzupflanzen scheint, sich im Raum ausdehnt und zusammenzieht. Orientierungspunkte sind horizontale und vertikale Linien, die das Bild stabilisieren.
Fruhauf wendet zudem strukturalistische Strategien an, geht gleichsam analytisch wie spielerisch vor. Er reagiert mit Multiplizierung, Spiegelung, serieller Anordnung und Schnittgeschwindigkeit
auf den Wechsel von Rhythmus- und Tonhöhe, so dass der Puls des Schlagzeugs nicht einzig im Takt der Montage aufgeht, sondern vielmehr der gesamte Bildraum zu Tanzen beginnt. Mit mathematischer
Präzision fügt er eine Landschaft zusammen, die sich synchron zum Klang der Drums entfaltet und Strukturen und Formen in den Fokus treten lässt. Es ist ein irisierendes Spiel aus Linien, Farben
und Oberflächen, das mit steigendem Tempo immer tiefer in die Abstraktion führt, bis am Ende nur mehr flickernde Muster zu erkennen sind, die den ganzen Körper in Vibration setzen. Der
vielteilige und variable Splitscreen und die springenden Bewegungsschnitte lassen an die frühen Fotografie-Studien von Muybridge denken und referieren dabei ebenso auf die ursprüngliche
kinematographische Illusion. Mit WHERE DO WE GO führt Fruhauf sein strukturalistisches Kino weiter, fokussiert auf die rhythmische Qualität der Montage und die Kontinuität eines Zwischen,
das von der ursprünglichen Faszination am bewegten Bild erzählt. (Shilla Strelka)
* Der Lomography Supersampler ist eine Fotokamera, die auf einem Kleinbildnegativ vier aufeinanderfolgende Momente als nebeneinanderliegende vertikale Streifen
aufnimmt.
Diese „Visual Music“ – Arbeit erinnert an die reinen Formexperimente von Ruttman, Fischinger und Eggeling. Der Film hat eine sehr komplizierte mathematische Struktur, besticht visuell durch seine rhythmische Vielschichtigkeit und eine alles vorantreibende perkussive Musik. (Jurybegründung für dem Preis "Beste experimentelle Animation" beim 2 Days Animation Festival Vienna)
Today, the question of where to go, if even being allowed to go there, has grown in importance in the resent years. With so many people having to leave their homes, desperate to find a new one, this question has gotten a negative connotation again, rather than the feeling of freedom, as it has had a few years prior. The visual motifs Fruhauf is creating with his project, are a multi-layered piece of art, all leading to the one question: Where do we go?