Eine Art weißes Bildrauschen liegt über diesem Film, der programmatisch Schwere Augen heißt: Digitaler Regen verschattet das (einst) analoge Filmmaterial. Wie hingekritzelt oder gekratzt muten diese Bildwucherungen an, in denen Flecken sich wie Geschwüre ausbreiten, die Menschenkörper besetzen, die Gesichter zersetzen: ein Kino der Abstraktion und des Neo-Expressionismus. Schemen- und maskenhafte Gesichter tauchen auf (und im digitalen Nebel gleich wieder ab), gespenstisch verdoppelt, elektronisch geklont. Der nervöse, feingliedrige Soundtrack liefert dazu den synthetischen Klangspuk. Die skizzenhafte Animation wird bald konkreter – in einer Art Nach- oder Überzeichnung gefundener Filmbilder, in denen zitternde Figuren in anonymen Stadtlandschaften zu sehen sind, ein Mädchen steht am Fenster, ein junger Mann grinst ins Leere, ein anderer senkt nur den Blick. Später lächeln zwei Teenager aus den versehrten Bildern, filmisch auf Distanz gehalten, in der Montage streng voneinander getrennt. Eine motorisierte Reise wird angetreten, ein Sog erzeugt. Die abgründige Geschichte, die hinter diesen Szenen steckt, bleibt ungreifbar, nur zu ahnen: ein ins Unbewusste verdrängter Schocker. Gegen Ende hin intensivieren sich die Bildermetastasen, die Filmoberfläche blitzt, pocht, pulsiert. Etwas lebt in ihr. Schwere Augen entwirft, durchaus im Sinne seines Titels, eine Fiktion des filmischen Sehens: eine Trägheit des Blicks, die nicht nur die Illusion von Bewegung herstellt, sondern auch die beunruhigende Vervielfachung der äußeren Ereignisse. Das Bild einer zertretenen Brille beendet den Film: Die alten Sichtverhältnisse gelten hier nicht mehr.
(Stefan Grissemann)


Die voyeuristische Lust, mit der Bild-Magier Fruhauf seine Filme macht und regelmäßig sein Publikum infiziert, ist derart ausgeprägt, dass mitunter das Material daran zu überhitzen droht. So auch hier: Im Spiel der Blicke zwischen Annäherung, Verführung und Entfernung verlieren sich die Figuren auf der Leinwand in dichten, einander überlagernden, nachwirkenden Bildern. "Schwere Augen ist keine analytische Entlarvung, sondern der Versuch einer ästhetischen Annäherung an den skopischen Distanzsinn. Als Liebeserklärung an die Schaulust, als kleiner Liebesfilm." Fruhauf

 (Viennale Katalog 2011)

A kind of white noise weighs heavy over this film, which is revealingly titled Heavy Eyes: Digital rain overshadows the (formerly) analogue film material. These wild proliferations of images seem to have been scribbled or scratched, and spots spread across them like sores taking over human bodies, and corroding faces: This is a cinema of abstraction and Neo-Expressionism. Ghostly and mask-like faces appear (and disappear again immediately in the digital fog), eerily duplicated, electronically cloned. The nervous, gracefully constructed soundtrack provides a matching synthetic, haunting accompaniment. The roughly outlined animation soon becomes more concrete — resembling a tracing or overdrawing of found film images in which trembling figures can be seen in anonymous urban landscapes, a girl stands at a window, a young man grins into space, while another only lowers his eyes. Later, two teenagers smile from the damaged images, kept at a distance on film and rigorously separated in the montage. A motorized journey begins, a maelstrom is created. The mysterious story behind these scenes remains elusive and can only be guessed at, a repressed shocker shoved deep into the unconscious. Near the end the visual metastases intensify, the film’s surface flashes and throbs. Heavy Eyes, in line with its title, outlines a fiction of filmic vision involving a lethargy of the eyes which creates both the illusion of movement and an unsettling multiplication of external events. An image of eyeglasses that have been stepped on and crushed ends the film: The old manner of seeing no longer applies.
(Stefan Grissemann)